Einsatzleiter Andreas Heinrich: „Schnelle Hilfe auf Verkehrswegen ist ein Konzept des THW, welches zusammen mit der Landespolizei schon 1997 ins Leben gerufen wurde, und bedeutet dass wir bei großen Feiertagsverkehr zu Ostern, zu Weihnachten dass wir da die Polizei unterstützen, mit schnellen Absperrmaßnahmen mit schnellen Verkehrsleitmaßnahmen und Stauvorwarnungen, sowie schnellen Beräumungsmaßnahmen, solange dass keine Abschleppdienste machen müssen, um den Verkehrsfluss zu erhalten und den dicken Verkehr fließen zu lassen.“
Heute blieb es bislang ruhig auf der A4 zwischen den Anschlussstellen Hermsdorf und Bautzen. Dieses Gebiet ist der Schwerpunkt der Maßnahmen. Hier gibt es regelmäßig Unfälle und auch die meist überfüllten Parkplätze stellen ein potentielles Risiko dar. Doch für die Streife des THW Bautzen bleibt die Fahrt ohne Vorkommnisse -vorerst. Denn die gefährlichste Phase steht noch bevor. Freitagabend vor Weihnachten ist am meisten los in Richtung Osten. Nicht nur Deutsche kehren in ihre Heimatorte zurück, auch und vor allem polnische Autofahrer machen sich auf den Weg zu ihren Familien. Schließlich wird vom THW Bautzen der Rastplatz Oberlausitz angesteuert, um die Technik nochmal zu überprüfen. Wenn die große Reisewelle eintrifft muss alles funktionieren. Dazu hat das Bautzener THW extra neue Technik angeschafft – einen speziellen Verkehrsleitanhänger.
Lucas Spahn vom THW Bautzen: „Wir haben die Möglichkeit mit unserem neuen Verkehrsleitanhänger direkt die Unfallstelle dahinter mit abzusichern, wir kegeln auch ab und wir versuchen den Verkehr flüssig vorbei zu leiten.“
170 Kilometer Autobahn gehören in diesen drei Tagen zum Einsatzgebiet des Technischen Hilfswerkes. Wenn zwischen den Anschlussstellen Hermsdorf und Görlitz etwas passiert, sind die Helfer kurz darauf zur Stelle. Das macht das Bautzener THW nicht allein, Hand in Hand unterstützen sich die umliegenden Ortsverbände gegenseitig:
Andreas Heinrich: „An der Aktion sind Bautzen Kamenz und Görlitz beteiligt, jeweils mit zwei Fahrzeugen, ein schnelles und ein schweres Fahrzeug mit entsprechender Absicherungstechnik, und hinzu kommt noch der OV zittau, mit einigen Einsatzkräften die den OV Görlitz noch mit personell unterstützen.“
Dass diese Unterstützung eine Notwendigkeit ist, wird sich in der kommenden Nacht noch zeigen. Denn mittlerweile ist es dunkel geworden und der Verkehr nimmt immer mehr zu. Stellenweise geht es nur noch mit 40km/h voran. Für das THW Grund genug, wieder Streife zu fahren. Denn liegen gebliebene Fahrzeuge oder gar Unfälle können schnell ein großes Verkehrschaos auslösen oder Folgeunfälle verursachen. Und diesmal müssen die Einsatzkräfte nicht lange suchen. Am Burkauer Berg kurz nach der Wildbrücke sind gleich mehrere Fahrzeuge unabhängig voneinander liegen geblieben. Alexander Weigel vom THW Kamenz ist Gruppenführer und muss sich erst einmal einen Überblick über die Lage verschaffen. Erst dann wird entschieden, welche Maßnahmen zu treffen sind. Letztendlich stellt sich heraus: Ein PKW hat eine Reifenpanne, die Insassen helfen sich bereits selbst und können gleich wieder weiterfahren. Nicht ganz so schnell scheint es bei einem LKW zu gehen. Dieser hat ebenfalls einen Reifenschaden, kann diesen aber nicht ohne weiteres beheben. Und obwohl der Wagen auf dem Standstreifen steht, ist diese Panne nicht ganz ungefährlich.
Alexander Weigel, Gruppenführer beim THW Kamenz: „Das Gefährliche ist einmal dass es nachts ist und viel Verkehr ist, sodass im Prinzip die Gefahr eines Auffahrunfalls gegeben ist, und die zweite Gefahr ist, dass eben Personen hier auf der Fahrbahn mit rumspringen. Wir werden uns jetzt hinter die Pannenfahrzeuge stellen und das Ganze absichern, sodass der Verkehr rechtzeitig gewarnt wird, und eventuell die Panne mit unterstützen dass der Verkehr ungehindert rollen kann:“
Gesagt, getan. Der Verkehr wird an dem liegen gebliebenen LKW vorbeigeleitet und die THW-Helfer aus Kamenz packen mit an, um den Fahrer des Lasters zu unterstützen. Letztendlich dauert die Aktion aber eine Weile, später wird der defekte LKW von der Autobahn geschleppt und an einen Pannendienst übergeben.
Mittlerweile hat sich an der Einsatzstelle ein riesiger Stau gebildet. Obwohl die Fahrbahn frei ist und das THW lediglich den Standstreifen absichert, fahren viele Autos nur im Schritttempo vorbei oder halten stellenweise an. Ein Phänomen, welches den THW-Helfern regelmäßig sorgen bereitet:
Andreas Heinrich: „Die meisten Autofahrer sind sehr vernünftig und folgen den Anweisungen, aber es gibt auch immer wieder die sogenannten Gaffer, bis hin dazu dass auch mit Handykameras gefilmt wird, das verzögert den Verkehr, wir versuchen den Verkehrsfluss aufrecht zu erhalten und wenige Autofahrer blockieren das Ganze, das ist sehr sehr ärgerlich, das ist aber noch die harmlosere Variante, es gibt auch durchaus Autofahrer, die tatsächlich auch Anweisungen nicht Folge leisten, bzw. bestimmte Maßnahmen von Polizei THW und Feuerwehr nicht einsehen. Und das ist sehr fragwürdig zumindest.“
Andreas Heinrich und sein Team vom Technischen Hilfswerk aus Bautzen machen sich auf dem Weg, um den Stau zu kontrollieren. Denn auch hier können liegen gebliebene Fahrzeuge oder kleine Auffahrunfälle zur Gefahrenstelle werden. Und auch diesmal müssen die Kräfte nicht lange suchen. Zwischen Ottendorf-Okrilla und Pulsnitz stehen mehrere LKW mit Warnblinklicht auf dem Standstreifen. Die Helfer schauen nach, ob etwas nicht stimmt. Die LKW-Fahrer sagen, sie müssten nur eine kurze Pause von 20 Minuten machen. Diese Information wird an die Polizei weitergeleitet, die LKWs dürfen solang stehen bleiben. Doch nur wenige Meter weiter scheint eine Familie ein echtes Problem zu haben. Mit ihrem Volvo stehen zwei Erwachsene und zwei Kinder auf dem Standstreifen, augenscheinlich mit einer Panne. Auch hier schaut das THW, ob der Familie zu helfen ist. Doch hier kann nur ein Pannendienst helfen. Da dieser längere Zeit benötigt, um zu der Stelle zu gelangen, entscheidet man sich, den PKW bis zur nächsten Ausfahrt abzuschleppen. Die Familie wird im Einsatzfahrzeug des THW untergebracht, während das Auto mit einem Abschleppseil am sogenannten Mannschaftstransportwagen befestigt wird. Mit größter Vorsicht geht es über den Standstreifen bis zur Anschlussstelle Pulsnitz. Doch die Abschleppfahrt muss kurz unterbrochen werden. Ein polnischer BMW scheint ebenfalls eine Panne zu haben, das TWH schaut nach. Offenbar hat sich die Zuleitung für das Kühlwasser gelöst. Doch die Einsatzkräfte können helfen und befestigen den Schlauch wieder so, dass der Mann seine Fahrt bis zur nächsten Abfahrt fortsetzen und die Bahn frei machen kann. Danach wird der defkete Volvo bei Pulsnitz abgesetzt, wo auch schon der nächste Einsatz reinkommt.
Ein Unfall auf der linken Fahrspur, näheres ist nicht bekannt. Jetzt muss es schnell gehen: Mit Blaulicht und Martinshorn kämpfen sich die Einsatzkräfte durch den Stau. Zwischen Hermsdorf und Ottendorf werden sie dann fündig. Das THW aus Kamenz und die Autobahnpolizei sind bereits vor Ort. Die Einsatzstelle wurde abgesichert und der Unfall bereits aufgenommen. Jetzt muss die Unfallstelle schnell wieder beräumt werden. Am einfachsten geht das, wenn alle mit anpacken und die Unfallfahrzeuge auf den Standstreifen schieben. Hier kann der Abschleppdienst die Autos später sicher aufladen, ohne dass die Fahrbahn erneut gesperrt werden muss.
Wenig später eilen die Einsatzkräfte zum nächsten Unfall. Zwischen Pulsnitz und Ohorn sind mehrere Autos aufeinander aufgefahren, es gibt zum Glück keine Verletzten. Andernfalls müsste das THW weitere Kräfte hinzuziehen, zum Beispiel den Rettungsdienst oder die Feuerwehr. Denn die Arbeit der verschiedenen Hilfsorganisationen unterscheidet sich erheblich:
Andreas Heinrich: „Wir sind nicht die neue Feuerwehr auf der Autobahn, wir versuchen uns ganz klar abzugrenzen von der Feuerwehr, das soll ein Miteinander sein, wir haben keinerlei Konkurrenz zu der Feuerwehr, sondern dass ist eigentlich eine Unterstützung von Maßnahmen, die eigentlich von der Polizei gemacht werden müssten, wir werden hier die Polizei unterstützen und übernehmen keinerlei Aufgaben der Feuerwehr und es gibt auch ein gutes Miteinander mit den Feuerwehren hier auf der Autobahn.“
Nach einer knappen 16 Stunden-Schicht endet für die THW-Helfer aus Bautzen und Kamenz die Schicht auf der A4. Vielen Menschen konnte geholfen und so die Autobahn ein Stück sicherer gemacht werden.